Nachdem es im ersten Beitrag um die Anschaffungskosten eines Tiny Houses ging, stellt sich nun die nächste grosse Frage: Wie sieht es mit den laufenden Kosten aus? Ist das Leben in einem Tiny House wirklich günstiger, oder verstecken sich hier unerwartete Kosten? In diesem Beitrag teile ich meine Erfahrungen zu Betriebskosten, Nebenkosten und laufendem Unterhalt – mit echten Zahlen aus unserem Alltag.
Wer schreibt hier?
Ich bin Michi, und zusammen mit meiner Frau lebe ich seit September 2022 in einer offiziell bewilligten Kleinwohnform. Unser Zuhause misst genau 36 m² – 18 m² pro Person. Eine grosse Umstellung? Ja! Aber es ist eine bewusste Entscheidung, die wir nicht bereuen. Wir fühlen uns hier unglaublich wohl und könnten uns aktuell kein anderes Leben vorstellen. In dieser Kolumne möchte ich meine Erfahrungen teilen und ein realistisches Bild davon vermitteln, was es bedeutet, in einem Tiny House zu leben – abseits von romantisierten Social-Media-Posts.
Ein kleineres Haus – aber weniger Kosten?
Grundsätzlich verbraucht ein Tiny House weniger Energie als ein grosses Haus. Weniger Wohnfläche bedeutet weniger Raum zu heizen, weniger Beleuchtung und oft auch einen geringeren Wasserverbrauch. Aber wie sieht es in der Realität aus? Gerade in der Schweiz, mit kalten Wintern und teuren Energiepreisen, ist die Rechnung nicht so einfach.
Heizkosten: Klein, aber herausfordernd
Ein Tiny House hat weniger Volumen, aber auch weniger Masse, um Wärme zu speichern. In unserem Fall heizen wir mit einem Stückgutholzofen und verbrauchen ca. 1.5 Ster Holz pro Jahr. Die Kosten dafür variieren je nach Bezugsquelle zwischen CHF 150 – 300. Damit kommen wir gut durch den Winter (und im Sommer noch für einen Barbecue Plausch mit Freunden)
Einmal im Jahr kommt der Kaminfeger zur Kontrolle und Reinigung des Holzofens, was nochmals CHF 200 kostet.
Wichtig zu bedenken: Eine gute Dämmung ist nicht nur empfehlenswert, sondern in der Schweiz auch gesetzlich vorgeschrieben, da man ansonsten keine offizielle Baubewilligung bekommt. Wer an Heizkosten sparen will, sollte auf hochwertige Fenster und eine gute Dämmung achten.
Wasser- und Abwasserkosten: Eine Frage des Wollens
Dank unserer Trocktrenntoilette verbrauchen wir viel weniger Wasser. Im Jahr 2024 waren es gerade einmal 24m³, was uns knapp CHF 240 inklusive Abwasser gekostet hat. Eine autarke Lösung mit Regenwasseraufbereitung könnte eine Alternative sein, ist aber in der Schweiz oft nicht erlaubt oder mit hohen Installationskosten verbunden. Zudem braucht es einen guten Filter und ausreichend Speicherplatz – und das ist bei einem Tiny House nicht immer einfach umzusetzen.
Strom- und Gaskosten: Günstiger durch effiziente Nutzung?
Ein kleinerer Wohnraum bedeutet auch weniger Stromverbrauch – zumindest theoretisch. In der Praxis hängt es stark von den Geräten und der Lebensweise ab. Unser Jahresverbrauch liegt bei knapp 1’200 kWh, was relativ wenig ist. In den Monaten November und Dezember benötigen wir ein wenig externen Strom: 70 kWh. Dies mal 32 Rappen ergibt einen Betrag von nur CHF 23 – sehr cool, Sonne und Solaranlage sei Dank!
Zusätzlich kochen und backen wir mit Gas. Eine 10.5 kg Gasflasche reicht bei uns über ein Jahr und kostet gerade einmal CHF 45. Eine sehr günstige Lösung für den täglichen Bedarf (def. weniger Kosten als mit Strom).
Eine Photovoltaikanlage senkt langfristig die Kosten, doch dafür braucht es Platz für die Module und eine sinnvolle Einspeise- oder Speichermöglichkeit – beides ist in einem Tiny House nicht immer gegeben.
Bedenke, solltest du zusätzlich mit Strom heizen, einen Elektroofen oder ähnliches, dann schiessen die Stromkosten exorbitant in die Höhe.
Versicherungen und Unterhalt: Unterschätzte Kosten
Wie bei jedem Haus fallen auch beim Tiny House Versicherungs- und Unterhaltskosten an. Unsere Hausrat- und Gebäudeversicherung kostet CHF 300 pro Jahr – das ist vergleichbar mit einer kleinen Wohnung. Dazu kommen regelmässige Wartungsarbeiten, die man oft vergisst: Dachkontrolle, Dichtungen überprüfen, Holzfassade pflegen. Pro Jahr rechnen wir mit etwa CHF 1’000 – 1’500 für kleinere Reparaturen und Unterhalt.
Fazit: Sparpotenzial mit Tücken
Ja, ein Tiny House kann günstiger sein – aber nicht immer. Wer denkt, dass die Betriebskosten automatisch minimal sind, wird vielleicht überrascht. Heizkosten, Wasserkosten und Unterhalt können sich summieren. Dafür gibt es aber auch Möglichkeiten, die Kosten zu optimieren: durch effiziente Dämmung, clevere Energiequellen und bewussten Konsum.
Der jährliche Unterhalt kann, je nach Ausstattung des Tiny Houses, sehr überschaubar sein. Dafür kommt jedoch hinzu, dass man sich – im Gegensatz zu einer Mietwohnung – um alles selbst kümmern muss. Reparaturen, Wartung und organisatorische Aufgaben liegen vollständig in eigener Verantwortung.
Für uns ist das Tiny House nicht primär eine Sparlösung, sondern ein bewusster Lebensstil. Die laufenden Kosten sind überschaubar – aber sie verschwinden nicht. Wer sich für ein Tiny House entscheidet, sollte daher nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch die Betriebskosten realistisch einschätzen. Ja, ein Tiny House kann günstiger sein – aber nicht immer. Wer denkt, dass die Betriebskosten automatisch minimal sind, wird vielleicht überrascht. Heizkosten, Wasserkosten und Unterhalt können sich schnell summieren. Dafür gibt es aber auch Möglichkeiten, die Kosten zu optimieren: durch effiziente Dämmung, clevere Energiequellen und bewussten Konsum.
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