Jede Menge an Energie, die verbraucht wird, muss irgendwo und von jemandem erzeugt werden. Im dritten Teil unserer Serie zur Stromversorgung schauen wir uns verschiedene Energiequellen mit ihren Vor- und Nachteilen genauer an.

Nikola Tesla war nahe dran, die „freie Energie“ einzufangen und für alle verfügbar zu machen. Dies war nur eine seiner zahlreichen Entdeckungen. Dass diese nicht allen passte und wohl auch heute nicht nur auf offene Ohren stösst, liegt traurigerweise auf der Hand. Die Menschheit hätte aber ein grosses Problem gelöst. Ein anderes sehr spannendes Thema, wie ich finde. -> YouTube durchsuchen und staunen 🙂

Wir beschränken uns hier aber auf diejenigen Energie-Erzeugungsformen, welche uns aktuell als Privatpersonen zur Verfügung stehen.

Die erste und meistgenutzte Form ist das öffentliche Netz, welches mehr eine Bezugsquelle ist als eine Erzeugungsform. Heute kann ich zumeist schon die Energieform der Quelle wählen: Atom, Wasser, Sonne oder Windenergie stehen uns in der Schweiz grundsätzlich zur Verfügung.
Doch vom öffentlichen Netz möchten wir uns ja unabhängiger machen. Wie im ersten Beitrag angesprochen, geht es in diesem Bericht in erster Linie um die Sonnenenergie, welche wir Privaten relativ einfach nutzen können.

Auch die Windenergie ist für den Privatgebrauch eine mögliche Quelle, doch da Windenergie einige Nachteile mit sich bringt, streifen wir diese am Schluss. Kleinwasserkraftanlagen werde ich nicht beschreiben, da die Verfügbarkeit von Gewässern und entsprechende Genehmigungen meist kaum gegeben sind. Dies kann aber individuell Sinn ergeben und Lösungen dafür sind auf dem Markt.

So bleiben uns die Solarenergie, die Muskelkraft oder der Kraftstoffgenerator, um uns vom öffentlichen Netz unabhängig zu machen.

Das tägliche Fitnessprogramm in Energie für den Morgenkaffee umzuwandeln, wäre eine schöne Option. Da ein erwachsener Mensch im Durchschnitt nur 100Wh Energie erzeugen kann, wenn er eine Stunde Rad fährt (was einer Geschwindigkeit von ungefähr 20km/h entspricht), lohnt sich dies kaum. Dieser stündige Einsatz würde zum Beispiel für vier Stunden LED Licht (3x2Watt), eine Stunde Laptop (40Wh) und eine Tasse Kaffee (24Wh) reichen. Die restlichen 12W werden für Speicher- und Wandlungs-Ineffizienz verbraucht.

Mit diesem Fitnessprogramm-Beispiel erkennen wir, was Energie eigentlich bedeutet und wie wenig uns bewusst ist, welchen Aufwand wir als Person dafür leisten müssten, käme die Energie nicht aus der Steckdose.

Im Beitrag über die Verbraucher habe ich verschiedene Spannungen bei den „Verbrauchern“ genannt, dies kann man sich wie verschiedene Leistungsklassen der Geräte vorstellen.
Da wir neben verschiedenen Spannungsgrössen auch zwei Arten von Spannungen unterscheiden und diese auch beim Erzeugen und Speichern eine wichtige Rolle spielen, gehe ich im Folgenden darauf ein.

In Privathaushalten beschäftigen wir uns in der Regel mit 230V Wechselstrom (AC), welcher bei uns aus der Haussteckdose kommt. Dort wechselt die Spannung 50 Mal in der Sekunde die Richtung, diese Anzahl der Richtungsänderung wird in Herz angegeben, bei uns in Europa sind es 50 Herz (Hz).

Weiter kennen wir vielleicht den 12V / 24V Gleichstrom (DC) aus Fahrzeugen oder die 5V von USB Geräten.
Auch alle mit Wechselbatterien (1.5V, 4,5V oder 9V) betriebenen Geräte laufen mit Gleichstrom.
Eigentlich alle Elektronikgeräte werden schlussendlich mit Gleichstrom betrieben, die Spannungen variieren grösstenteils bis ca. 25V, je nach Gerät. Werden diese via 230V Wechselstrom (Steckdose) betrieben, reduziert / wandelt ein Netzteil die Spannung und richtet den Wechselstrom in Gleichstrom um. Mehr dazu dann in einem späteren Beitrag über die Wandlung.
Überwiegend sind es Geräte mit hoher Leistung (Heizen / Kühlen) und motorbetriebene Maschinen, die nur mit Wechselstrom betrieben werden.

Bei der Erzeugung von elektrischer Energie war bis zur Entstehung der Photovoltaik hauptsächlich Wechselstrom im Einsatz. Ein drehender Rotor erzeugt ein wechselndes Magnetfeld, welches dann eine Wechsel-Spannung / Strom erzeugt – der Wechselstrom wurde übrigens auch von Nikola Tesla entdeckt.

Da wir bei der Erzeugung und Speicherung, wie auch bei den Verbrauchern, mit der Leistung Watt rechnen, spielt die Stromform erstmals eine Nebenrolle.
Wir können uns jedoch merken, dass Solarpanels Gleichstrom abgeben.
Bei drehenden Generatoren, die mit Kraftstoff, Wind oder Wasser angetrieben werden, ist es meistens Wechselstrom. Ausser bei Fahrzeugen, dort nutzt man wegen der Batterie Gleichstrom.

Die Sonne als Energielieferant

Da uns die Sonne eine enorme Energie zur Verfügung stellt, zapfen wir diese an.
Von 1m2 Solarpanelfläche können wir eine Spitzenleistung* von +/- 200 Watt Peak (Wp) erwarten.
Was immer noch nur ca. 20% der Sonnenleistung sind. In unseren Breitengraden rechnen wir im Sommer, bei optimaler Ausrichtung der Panels, mit durchschnittlich 3.75 mal der installierten Leistung pro Tag. Also ca. 750Wh pro Tag je 1m2 Panelfläche.

* Solarpanelleistung wird meist in STC angegeben, heisst: Bestrahlungsstärke von 1000W/m , Zellentemperatur von 25°C, Luftmasse von AM1.5

Wenn wir nun zurück zum Fahrrad-Beispiel gehen, vergleichen wir 1m2 Solarpanel unter der prallen Sonne, mit 7.5 Stunden (150km) Rad fahren.

Natürlich ist der Ertrag von der Sonnenintensität abhängig. Das heisst, mehr Sonne bedeutet mehr Energie, viele Wolken sind gleichzusetzen mit weniger Energie. Dies ist auch ein Grund, warum wir in den Wintermonaten (November – März) nicht mit dem gleichen Energieertrag rechnen können.
Zwei weitere Faktoren beeinflussen den Ertrag: Einerseits die Paneltemperatur, denn mit höheren Temperaturen nimmt die Leistungsfähigkeit ab, bei tieferen steigt sie. Dies können wir zwar nur bedingt beeinflussen, jedoch ist dies wichtig für die Dimensionierung und die korrekte Erwartung der Leistung der Anlage. Zum anderen spielt der Sonneneinfallswinkel eine mehr oder weniger grosse Rolle. Die Panels sind am leistungsfähigsten, wenn die Panelfläche mit ca. 35-40° zur Sonne montiert sind.
Die Sonne steht in unseren Breitengraden im Dezember um die Mittagszeit bei ca. 20° über dem Horizont, im Juli bei etwa 63°. Da die Neigung nur bei einem Flachdach oder einer Freiflächenmontage gewählt werden kann, erübrigt sich dies meistens. Man kann aber über eine Fassadenmontage nachdenken. Speziell in schneereichen Gebieten kann dies einen grossen positiven Einfluss auf den erreichbaren Energieertrag haben.

Es gibt diverse Webseiten, die Solarrechner zur Verfügung stellen, mit welchen (basiert auf Vergangenheitswerten) erwartete Erträge an verschiedenen Standorten und Jahr berechnet werden können. Hier findet ihr eine Auswahl: https://shop.autarking.ch/254-solarertrag

Es gibt zwar bereits Panele, welche dank ihrer Konstruktionsweise resistenter gegen Abschattung sind und bei Bewölkung mehr Energie liefern. Ein Feldversuch in Rumänien https://www.youtube.com/watch?v=6NVbayMs_PE zeigt aber, dass der Unterschied meines Erachtens die doch teilweise hohen Preisunterschiede der Panels kaum rechtfertigen.

Wie besprochen muss ich bei einem 100 % Autarkie-Wunsch, meine gesamte benötigte Energie selbst erzeugen.

Ihr habt sicher bereits eure Berechnungen zur Hand und könnt gerne mit euren eigenen Daten mitrechnen.

Da mein Verbrauch von 809Wh pro Tag aus der Verbrauchertabelle des Beitrags „Verbraucher“ eher etwas minimalistisch war, verdopple ich diese und rechne jetzt mit 1600Wh pro Tag.

Diese Menge an Energie muss ich zusätzlich zu den Verlusten für die Ladung und Entladung (ca. 15%) pro Tag mindestens zur Verfügung haben, um 100 % autark zu sein. Ich kann die direkt produzierte Energie nutzen oder sie aus den Batterien entnehmen. Ich muss mir jedoch bewusst sein, dass auch Energie aus der Batterie irgendwann wieder nachgeladen werden muss. Somit wird das Verhältnis von Solarleistung zu Speicherleistung wesentlich. Dies ist hauptsächlich dann essenziell, wenn keine Backup-Stromversorgung wie das öffentliche Netz oder ein Generator zur Verfügung steht. Auf das Thema Energiespeicher gehe ich dann im nächsten Beitrag ein.

Wie viel denn nun?

Wir rechnen mit einer Dachfläche von 4.5m x 2.5m (z.B. die Hälfte eines Tinyhaus-Dachs von 9m x 2.5m)
Wir verwenden vier 440Wp Panels von 1.8 x 1.1m 4 x 440Wp = 1760Wp
Diese Peak-Leistung entspricht ca. unserem Tagesbedarf.

Aus der Berechnung des Solarrechners des europäischen ‚Photovoltaic Geoagraphical Information System’ entnehmen wir folgende zu erwartende durchschnittlichen Tageserträge pro Monat für die
Insel Ufenau auf dem Zürichsee.

Hier geht es zur gesamten Auswertung.

Auch ein Quervergleich mit dem Ertragsrechner von Victron Energy bestätigt die Ergebnisse des PVGIS im Grossen und Ganzen.

Wenn wir die Tagesdurchschnittserträge für den Bedarf (erste Spalte) genau betrachten, fällt auf, dass die Erträge unseren Verbrauch zwischen November und März sicher nicht decken. Der Überschuss verfälscht das Bild, da der monatliche Tagesdurchschnitt aufgelistet ist. Ohne die Grösse des Energiespeichers definiert zu haben, wird es schwierig zu erkennen, ob wir im Winter autark sein werden oder nicht.

Ebenfalls sehen wir dagegen von März bis September einen massiven Überschuss an Solarenergie, welche ohne Rückspeisung ins öffentliche Netz oder eine andere Nutzung verloren geht.

Um das Thema Solarenergieerzeugung abzuschliessen, möchte ich hier noch kurz die „Balkonsolaranlage“ erwähnen. Diese gehört eigentlich nicht in den Bereich der autarken Lösungen, soll aber dennoch zur Vollständigkeit erwähnt sein.
Sie produziert Energie, die direkt über eine 230V-Steckdose ins Hausnetz eingespeist wird. So kann der Verbrauch im Haus reduziert werden, überschüssige Energie fliesst zurück ins öffentliche Netz, was bis 600W ohne Bewilligung möglich ist. Es gibt ein breites Angebot von festen bis zu flexiblen Solarpanels und kann durchaus eine Option sein, wenn man in einer Mietwohnung lebt oder keine Speicherlösung anschaffen möchte.

Alternativen zur Sonnenenergie

Neben der Sonne und dem öffentlichen Netz als Energielieferant bleibt uns noch der Wind und der Kraftstoffgenerator. Ein richtig eingesetzter Kraftstoffgenerator kann durchaus eine gute Lösung sein. In meinen Augen (und dessen des Nachbarn) wohl aber nur an Orten, wo kein öffentliches Netz verfügbar ist und die Lärmbelastung akzeptiert wird.

Wie am Ende des letzten Beitrags erwähnt, ist die Energieeffizienz bei der Umwandlung der Energie aus Kraftstoff in elektrische Energie sehr schlecht. 1 dl Diesel hat eine Energiedichte von 1kWh, wovon aber oft nur ca. 20% in elektrische Energie umgewandelt werden, also ca. 200Wh.
1l Diesel kann also 2kWh elektrische Energie erzeugen. Genug für meinen 1600Wh-Verbrauch pro Tag.

Wenn ich mich also für einen Kraftstoffgenerator entscheide, muss ich dafür sorgen, dass dieser immer in seinem effizientesten Bereich läuft und nur dann, wenn es wirklich nötig ist. Dies ist oft das Problem, der Generator läuft um die Energie bereitzuhalten, wenn man sie braucht. Dabei läuft er aber meist nur kaum belastet, die Effizienz sinkt dadurch massiv.

Wird der Generator aber automatisch gestartet und gestoppt, und mit einem Batteriespeichersystem kombiniert, können Umwandlungswerte bis zu vielleicht 30% erreicht werden. Das Starten und Stoppen geschieht in definierbaren Abhängigkeiten wie Tages- und Nachtzeiten, Batterieladezustand und Überlastsituationen vom Energiewandler.
Bis heute ist dies erst bei mittleren bis grossen Generatoren möglich, also für uns Kleinwohnförmler kaum von Interesse. In naher Zukunft wird dies auch im Kleingeneratorbereich möglich sein. Auch die Abwärmenutzung des Generators käme in Frage, dies jedoch nur bei grösseren, resp. wassergekühlten Generatoren und mit entsprechend technischem Aufwand.

Das öffentliche Netz als Backup zu nutzen ergibt also durchaus Sinn. Auch in Anbetracht auf den grossen Solarenergieüberschuss, der im Sommer produziert wird. Denn ohne Netzanschluss oder intelligente Nutzung geht dieser Energieüberschuss einfach verloren. Bin ich mit dem Netz verbunden, kann ich einen Überschuss zurück ins Netz speisen und damit sogar noch etwas Geld erhalten, oder zumindest meine Stromrechnung verkleinern. Wie erwähnt ist eine Bewilligung zur Rückspeisung erst ab 600W nötig.

All diese Funktionen wie Batterien laden / entladen, Rückspeisung, Wandlung und die entsprechende Regelung kann ein Multiwandlergerät heute schon bieten. Dazu aber mehr im übernächsten Beitrag über die „Wandlung der Energie“.

Der Wind

Um die Energieerzeugung abzuschliessen, streifen wir noch das Thema Windenergie.
Es gibt in der Schweiz nur wenige Standorte mit genügend Wind, um die Investition zu rechtfertigen.
Da jedoch das Internet mit leistungsfähigen Windturbinen voll ist, schauen wir uns drei Leistungskurven von Generatoren mit korrekten Angaben an. Diese relativieren die unglaublichen Angaben von Systemen aus China im Internet.

Aus mehrjähriger Erfahrung mit Windgeneratoren auf Schiffen kann ich sagen, es wird viel Wind für einen sinnvollen Ertrag benötigt und der Geräuschpegel ist entsprechend gross. Also sind Windgeneratoren eher für abgelegene Systeme geeignet.

Da sich viele unter einer Windangabe wenig vorstellen können, nehmen wir zwei Geschwindigkeiten und sehen uns die Leistungskurven von drei Turbinen von ‚Leading Eadge’ an.

Rot – ca. 10m/s – frische Briese – größere Zweige und kleine Bäume bewegen sich, auf Seen bilden sich Schaumköpfe
Grün – ca. 15m/s – steifer Wind – Bäume bewegen sich, spürbare Behinderung beim Gehen gegen den Wind

Gerade bei den leiseren ‚Axial’-Turbinen wie dem Modell LE-v150 sehen wir, dass der Ertrag von 20-40W bei ordentlich viel Wind relativ gering ist. Vergleichsrechnungen zu Solar oder Muskelkraft könnt ihr nun selbst erstellen.

Abschliessend hier eine Karte der Schweiz mit den Windgeschwindigkeiten im Jahresmittel.
Mehr Informationen dazu findet ihr auf der Seite von www.wind-data.ch

Meine Erfahrung im Bezug auf grössere Windparks an den Küsten Süd Europa’s sind leider auch nicht so rosig. Der Wind weht zwar kräftiger, doch in fast allen Fällen stehen 50% und mehr der Windräder still, evt. wäre es sinnvoller schon gebaute in Betrieb zu halten, als weitere Orte mit Windrädern zu schmücken.

Bis zum nächsten Mal könnt Ihr euch überlegen, wie gross euer Energiespeicher wohl sein sollte? 🙂

ÜBER SILVIO

Seit 15 Jahren beschäftigt sich Silvio Franceschini mit unabhängigen Stromversorgungssystemen, sei es auf dem Wasser, an Land oder auf der Strasse. Ein wesentlicher Bestandteil seines Fachwissens beruht auf praktischen Erfahrungen als Marinetechniker und Segler im In- und Ausland. Inselanlagen und Solarheimspeicher sind sein aktuelles Fachgebiet. Silvio teilt sein Wissen gerne mit Interessierten.

Silvio Franceschini | Autarking AG & Tinyhaus Solar